Max-Weber-Schule Gießen

Erfahrungsbericht Fachschulstudium

Vom Groß- und Außenhandelskaufmann zum Unternehmer

EB1_small Ausschnitt

 

 

 
 
 
 

“Ein reines Fernstudium ist nicht  mein Ding. Ich bin kein Distanzuntterrichtstyp.”

Was waren damals deine Ziele für die Weiterbildung?

Mein Ziel war in erster Linie ein Karriereziel. Ich war ja in meinem Job schon deutlich weiter als die meisten in meiner Klasse. Ich hatte mich schon bis zu einer gewissen Position hochgearbeitet, sicherlich ggf. sogar weiter als viele Kaufleute das in ihrer Karriere schaffen. Ich merkte aber, dass man mit „nur“ einer Ausbildung irgendwann an eine Grenze stößt. Das zeigte sich in meinem konkreten Fall darin, dass ich – egal wann ich versuchte, den nächsten Karriereschritt zu gehen – nicht berücksichtigt wurde. Es gab immer einen Konkurrenten, der doch studiert hatte. Bei Bewerbungen auf Führungspositionen ist klar, dass Bewerber mit Studium immer oben auf dem Stapel liegen. Heute merke ich, dass ich bei der Personalauswahl selbst so vorgehe. Der Grund ist, dass ich keine 50 Bewerber zum Gespräch einladen kann. Wenn ich lediglich fünf einladen will, dann muss ich so sortieren. Ein Drittel fliegt ohnehin gleich raus, aber den Rest muss ich dann nach genau diesem Kriterium sortieren. Nachdem ich also diese Grenze gespürt hatte, wollte ich sie gerne für mich verschieben, also meine Situation ändern, so dass ich weiterkomme. Die Frage war: Wie? Wenn man Haus, Kinder, Familie hat, dann sind die Optionen nicht so zahlreich. Es gibt die FOM oder ähnliche Anbieter. Das ist aber nicht so ohne, denn die sind auch teuer. Und ein reines Fernstudium ist nicht mein Ding. Ich bin kein Distanzunterrichtstyp.

 

Inwiefern hast du deine Ziele erreicht?

Ich würde sagen: Auf jeden Fall, aber anders. Seit meiner Kindheit wollte ich mein eigenes Unternehmen haben und dann hat sich das im Laufe der Fachschulzeit ein stückweit ergeben.

Noch während der Fachschulzeit war ich für meinen damaligen Arbeitgeber auf einer Messe im Kabelbereich. Dort habe ich einen alten Bekannten getroffen, der bei einem Steckverbinder-Hersteller als Geschäftsführer arbeitete. Wir haben uns unterhalten und ich erzählte ihm, dass ich in meiner damaligen Position nicht mehr zufrieden sei, in der Hoffnung, er würde mir einen Job anbieten. Das tat er aber nicht, sondern er erzählte mir, dass es ihm ebenso ging. Ich schlug ihm vor, sich doch selbstständig zu machen… und plötzlich überlegten wir gemeinsam, etwas Eigenes aufzubauen. In unserem ersten Brainstorming dachte ich schon gleich daran, dass mein damaliger Arbeitgeber ggf. eine Sparte verkaufen würde und dies vielleicht etwas für uns sein könnte. In den nächsten Tagen nach der Messe sprach ich dies in der Firma an, signalisierte Kaufinteresse und skizzierte meine Idee. Mein Chef sagte nur, dass er darüber nachdenken würde. Nach vier Tagen kam er auf unser Gespräch zurück. Er hatte die Idee schon mit den anderen Geschäftsführern besprochen. Nun mussten wir einen „Letter of Intent“ schreiben, unsere erste lose Idee rasch zu einem Business Plan weiterentwickeln, den Kaufpreis verhandeln und uns um die Finanzierung kümmern. Das war eine ziemliche Aufgabe, denn es handelte sich schließlich um einen Bereich mit 80 Mitarbeitern, um den es hier ging. Vor allem die Finanzierung an Land zu ziehen war nicht so einfach, denn schließlich waren wir beide keine reichen Erben, die einfach das Geld auf den Tisch legen konnten. Letztlich haben wir den Kauf kurz nach meinem Fachschul-Abschluss abgewickelt. Die damit verbundenen finanziellen Risiken machen mich nicht unruhig, denn mit so etwas konnte ich schon immer umgehen. Eher raubt mir Corona den Schlaf. Die Pandemie ist schon noch mal eine ganz besondere Herausforderung, die natürlich niemand voraussehen konnte. 

 

Was hat dir die Weiterbildung – unabhängig von den ursprünglichen Zielen – gebracht?

Das Studium hilft, Informationen richtig einordnen zu können und Zusammenhänge zu verstehen. Das ist das Wichtigste überhaupt. Es geht nicht darum, erlernte Schemata oder Berechnungen 1:1 umzusetzen. Das ist oft auch nicht so möglich, weil die Realität einfach anders ist als das Schulbuch. Man operiert in einem neu gegründeten kleinen mittelständischen Unternehmen im B-to-B-Bereich oftmals unter großer Unsicherheit. Aber zu erkennen, welche Entwicklungen welche Auswirkungen haben können, das ist wichtig.

 

 

 

Kannst du die Weiterbildung empfehlen?

Ja. Wenn die eigenen Ziele zur Weiterbildung passen, dann ist es das richtige Angebot. Bei mir hat es gepasst.

Für wie wichtig schätzt du die Wahl des Schwerpunktes ein?

Ich finde die Schwerpunktwahl wichtig. Der Job eines Marketing-Experten und der eines Controllers sind komplett verschieden und deswegen braucht es da auch Menschen mit unterschiedlichen und speziellen Kenntnissen und diese Spezialkenntnisse bekommt man verstärkt im Schwerpunkt mit.

 

Wie fordernd waren diese drei Jahre Teilzeitunterricht für dich auch im Hinblick auf Familie, Freunde, Hobbies?

Bei mir waren gleich zwei Faktoren zusammengekommen, die die Weiterbildung sehr erschwert haben. Mein Job war damals mit viel Reisetätigkeit verbunden und wegen der Krankheit meiner Frau war ich über lange Strecken quasi alleinerziehend. Mein Jüngster war damals ca. 2 Jahre alt. Alle mit Kindern in unserer Klasse hatten damals abgebrochen außer mir. Ohne Unterstützung der Familie hätte ich das nicht geschafft. Insbesondere meinen Eltern verdanke ich hier viel. Sie haben sich um die Kinder gekümmert, damit ich das Studium schaffe. Ich hatte ja als junger Mann schon mal ein Studium abgebrochen. Das war für meine Eltern schlimmer als für mich. Als meine Frau ins Krankenhaus kam, war ich drauf und dran, nochmal abzubrechen, und damit das nicht passiert, haben meine Eltern ihre Hilfe angeboten. Sie wollten, dass ich diese zweite Chance nutzen kann. Man muss sich einfach vorher klar machen, dass die dreijährige Fachschule Teilzeit eine enorme Zusatzbelastung ist. Man kann das nicht einfach so „mitnehmen“. Das klappt nicht.

 

Welche weiteren Karrierepläne verfolgst du?

Das Unternehmen soll weiterwachsen. Ich plane auch den Kauf weiterer Unternehmen.
Was geplante Weiterbildungen angeht, so kann ich sagen, dass bei mir Führungsthemen im Vordergrund stehen. Diese Themen erfordern eine gewisse Interaktion und daher machen die Weiterbildungen für mich nur im Präsenzverfahren Sinn und müssen daher bis nach Corona warten. Sprachen gehen gut online. Ich habe auf die Art fast fließend Spanisch gelernt.

 

Welche Zusatzangebote hast du während der Weiterbildung genutzt?

Gar keine. Hatte alles schon. Wenn das anders gewesen wäre, hätte ich diese Angebote genutzt.

 

Was würdest du gerne noch loswerden – ggf. als Tipp für Studienanfänger?

Als ich Anfing, gab es so viele Bewerber, dass ein Auswahltest gemacht wurde, der wirtschaftliches Grundverständnis abfragte. Ich würde empfehlen, in diesem Test in Zukunft auch abzufragen, ob die/der Bewerber*in klare Ziele für sich definiert hat. Das ist meines Erachtens sehr wichtig. Lieber jemanden, der akademisch schwächer ist, aber dafür klare Ziele hat, denn derjenige wird sich eher durchbeißen. So kann man vermeiden, dass die potentiellen Abbrecher den Kämpfern die Studienplätze wegnehmen.

Mein Fazit also: Wer ziellos beginnt, landet eher in der großen Gruppe der Abbrecher. Je klarer die Ziele sind, desto eher wird die/der Studierende das durchziehen.

Kontakt

Wenn Sie Fragen oder Anregungen haben, nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf.

Willkommen zurueck, wir haben dich vermisst!